Compassion Service

Es ist Dienstagmorgen und es regnet. Mich persoenlich stoert das nicht, ich bin im (zurzeit) warmen Haus. Ich muss aber an die vielen Menschen draussen auf den Strassen und an meine Geschwister auf dem Weg zu Ihrem "Compassion-Service" denken (Compassion ist Englisch und bedeutet soviel wie Mitgefuehl). Fuer meine Geschwister heisst das konkret: Auf zu den Sisters of Charity (Mutter-Teresa-Schwestern) ein paar Blocks weiter. Diese bieten dort eine temporaere Unterkunft und warmes Essen fuer Obdachlose an. Wir helfen dann dort zum Beispiel das Haus zu putzen, das Essen zu kochen und das Essen auszuteilen. Die Aufgaben variieren aber immer etwas, das letzte Mal haben Teresa und ich zum Beispiel die Vorratskammer aufgeraeumt, waerend Marie-Lea kleine Besuchskartenarten auf Spanisch fuer die Familien in der Bronx geschrieben hat, die Besuch von den Schwestern bekommen, welche ihnen Essen bringen oder im Alltag helfen.

Im "Shelter" (so werden die Unterkuenfte auf Englisch genannt) koennen immer 30 Obdachlose bis zu drei Monate bleiben. Offiziell zumindest, viele bleiben laenger. 

Jeden Morgen gegen 11 Uhr wird ausserdem ein warmes Essen ausgegeben, die Schwestern notieren in einem kleinen Wandkalender die Anzahl der Essen pro Tag, meist sind es 60 bis 75, beim letzten Mal waren es sogar 80. 

Die Schwestern haben neben uns auch meist 3-4  Freiwillige Helfer aus der Gemeinde, und bei dieser Anzahl an Essen wird jede Hand gebraucht. Das Essen wird zudem frisch gekocht und zu jeder Mahlzeit gibt es auch Salat und Kaffee. Wenn wir ESMler da sind, ist es, neben dem Helfen in der Kueche, unsere Aufgabe diesen aus- und nachzuschenken. Da freut man sich immer ueber ein Laecheln oder "Thank you". 

Vor dem Essen wird natuerlich gebetet und eine Schwester oder ein Priester gibt einen kleinen Impuls fuer den Tag. Die Freude darueber faellt bei den Obdachlosen sehr unterschiedlich aus.

Und nach dem Essen ist vor dem Aufraeumen: Die Kueche und die riesigen Toepfe und Pfannen und auch die Teller wollen gespuelt werden. Aber wenn man sich dabei unterhalten kann geht das ziemlich schnell.

In einem Buch ueber New York habe ich gelesen, dass man mit den New Yorker Obdachlosen schon eine ganze Grossstadt fuellen koennte (im Februar 2016 schliefen  60.144 Menschen in den Obdachlosenheimen der Stadt, darunter 16.654 Familien mit 23.424 Kindern (...) die Dunkelziffer soll dazu bei vielen Tausend liegen [s. Petrina Engelke,"New York",S.212, Conbook Verlag 2016]). 

Obdachlose sieht man in New York wirklich fast so oft wie in Muenster Fahrraeder, und in der Bronx ist die Situation noch schlimmer. Die Wohnungssituation ist in New York sehr schlecht, dazu sind die offiziellen Obdachlosenshelter der Stadt nicht gerade fuer ihre Sicherheit bekannt. Viele kirchliche Organisationen versuchen dem abzuhelfen, in unserer nahen Nachbarschaft unter anderem die Mutter Teresa Schwestern und die Franciscan Friars of the Renewal (ueber die werde ich spaeter mehr schreiben, da sie auch viel fuer die Mission in New York und generell leisten).

 

Es ist inzwischen Thanksgiving, zwei Wochen spaeter. Letzten Samstag waren wir morgens bei den Little sisters of the poor, die zwar auch in der Bronx, allerdings 20 Autominuten von uns entfernt (Ja, die Bronx ist riesig) ein Altenheim fuehren. Da es unser erster Besuch dort war, haben wir ersteinmal von Sr Claire das Haus gezeigt bekommen und dabei auch schon viele der Bewohner und Schwestern kennengelernt, nach unserem Rundgang haben wir mit dem Priester der dortigen Gemeinde die Messe gefeiert. Nach unserem ersten Eindruck wirkte das Haus eher wie ein grosses Dorf oder sogar wie eine Familie, von dem sonstigen Krankenhausklima war dort nichts zu spueren. Der Orden wurde im vorletzten Jahrhundert von St Jeanne Jugan, einer franzoesischen Witwe, gegruendet. Leider gibt es diesen Orden nicht in Deuschland (Euch sei also verziehen, wenn Ihr bisher noch nichts von ihr und den Schwestern gehoert habt[ich naemlich auch nicht, Chrm chrm]).

Wir wissen noch nicht, wann wir das naechste Mal kommen werden, (eigentlich wissen wir hier in der ESM nur, dass wir nichts wissen;)), wir hoffen aber, dass es bald sein wird. Und wahrscheinlich werden wir auch noch an einem anderen Ort helfen

 

Beim naechsten Mal werde ich hoffentlich ein paar Fotos bieten koennen, ansonsten hat das ESM Team die technischen Schwierigkeiten ueberwunden und es gibt schon ein paar Bilder auf unserer Facebookseite.

 

Bis dahin: Ein herzliches Tschau mit V und God bless, Hannah

Kommentare: 1
  • #1

    Verena (Dienstag, 04 Dezember 2018 19:58)

    Hi Hannah,

    du hast echt eine flotte Schreibe - super! :) Sehr interessant, was du berichtest aus der Bronx. Und toll, was ihr macht! Ich kann mir gut vorstellen, wie spannend das ist, nicht zu wissen, was als Nächstes passiert oder kommt. Aber das gehört ja wohl bewusst zum ESM-Programm. ;) Halt weiterhin die Ohren steif und lass alles möglichst entspannt auf dich zukommen.

    Schönen Advent in NYC und lieben Gruß aus MS!
    Verena